Wer heutzutage die Einführung eines neuen Produktes oder einer neuen Marke plant, sollte den digitalen Auftritt in den Mittelpunkt der Überlegungen stellen. Das gilt für etablierte Markenhersteller genauso wie für Startups. Emotionale Bildsprache oder pragmatische Funktionen entscheiden über den ersten Eindruck genauso wie die Wahl der Kanäle. Ob App, (mobil optimierte) Webseite, Chatbot oder Service-Hotline – die Möglichkeiten sind vielfältig und müssen passend auf die potenziellen Kunden ausgerichtet sein. Sind diese Entscheidungen gefällt, kommt die Wahl der technischen Grundlage. Vernetzte Plattformen bieten die erwähnten Services aus einer Hand und eröffnen Schweizer Unternehmen neue Möglichkeiten bei der digitalen Vermarktung ihrer Produkte. Der Erfolg hängt allerdings von einer Reihe von Faktoren ab – eine Empfehlung.
Zunächst müssen ein paar Voraussetzungen erfüllt sein bzw. KO-Kriterien beachtet werden:
1. Die Zielgruppe muss digital sein
Am Anfang steht immer die Zielgruppe: Ist die Zielgruppe nicht online-affin, kann eine Online-Vermarktungsstrategie natürlich nicht funktionieren. Ein Produkt lässt sich selbstverständlich nur dann digital vermarkten, wenn entlang der gesamten Customer Journey ausreichend digitale Touchpoints zur Zielgruppe bestehen. Nicht nur das „ob“, auch das „wie“ einer Digitalstrategie bestimmt die Zielgruppe. Bedürfnisse und Nutzerverhalten der Zielgruppe werden in digitale Touchpoints übersetzt.
2. Das Produkt darf nicht zu teuer oder erklärungsbedürftig sein
Produkte, die digital vermarktet werden sollen, müssen gut verfügbar sein und angemessene Lieferzeiten haben. Zum anderen darf das Produkt nicht zu erklärungsbedürftig oder zu teuer sein. Denn der Kunde muss seine Kaufentscheidung in der Regel ohne persönliche Beratung treffen.
3. Der Hersteller braucht ausreichend Digitalkompetenz
Der Produktanbieter selbst muss auch einige Voraussetzungen erfüllen: In seinem Unternehmen und im Team müssen digitale Kompetenzen und Infrastrukturen vorhanden sein, um beispielsweise Prozesse (automatisiert) abbilden oder datenschutzkonform aufsetzen zu können.
Ist die Entscheidung für eine Produktneueinführung gefallen, ist das Potential des Marktes in der Regel bereits evaluiert. Der nächste Schritt ist also die simple, aber essenzielle Frage ‚Wer wird dieses Produkt kaufen und zu welchem Preis?‘
Zielgruppenanalyse
Bei diesem Schritt werden interne und externe Daten, wie sozio-demographische und psychografische Informationen, gesammelt und anschliessend analysiert. Selbst weiche Daten, wie die ‚Nutzer-DNA‘ oder die Bedürfnisse der (potenziellen) Kunden können anhand von ausgefeilten Fragebögen messbar gemacht werden.
Das Outcome: Operationalisierbare Zielgruppensegmente, auf Basis derer die speziellen Erwartungen und das Potential des Segmentes in Form von personalisiertem Content in Werbemitteln oder auf der Webseite, Produktempfehlungen oder sogar ganzen Userflows berücksichtigt werden. Ein weiteres Ergebnis kann auch die Ableitung von Personae sein, die das Unternehmen über alle Abteilungen und Kanäle hinweg nutzen kann, um bei den täglich anstehenden Entscheidungen ein möglich exaktes Abbild des Kunden zu Wort kommen zu lassen.
Mit definierter Zielgruppe muss insbesondere sichergestellt werden, dass der Bedarf vorhanden ist und ein USP (Unique Selling Proposition, Alleinstellungsmerkmal) des Produktes das Kernproblem der Zielgruppe löst bzw. sich vom Wettbewerb abgrenzt. Genauso wichtig: Das angedachte Pricing fürs Produkt – hiervon hängt in vielen Teilen die Positionierung und die endgültige Kaufentscheidung ab.
Strategische Zeitplanung
Der nächste Schritt ist die zeitliche Planung: Das Go-live-Datum muss strategisch gewählt werden:
- Wann sind der Bedarf und die Aufmerksamkeit der Zielgruppe am grössten?
- Ist das Produkt das erste am Markt?
- Plant die Konkurrenz einen ähnlichen Move?
Umsetzungspartner finden
Ist die zeitliche Planung erfolgt, können die Teilbereiche/Anforderer den gewünschten Umfang bis zum Launchtermin definieren. Mit diesen Anforderungen kann etwa die IT gebrieft werden. Gibt es weder Systeme noch einen IT-Umsetzungsdienstleister oder entsprechende Inhouse-Bereiche, ist ein Ausschreibungsprozess notwendig. Dieser sollte folgende Schritte umfassen:
- Longlist Agenturen/Umsetzungsdienstleister anschreiben mit Übersendung Fachkonzept und Fragenliste, die innerhalb einer gesetzten Frist beantwortet werden soll (u. a. Fragen zur Unternehmensgrösse, Schwerpunkte der Leistungen, erste Ansätze zur Umsetzung des geplanten Umfangs).
- Auswertung, Gewichtung und Vergleich der Antworten anhand von vorab festgelegten Kriterien. Einladung der Top 3-5 Dienstleister zu Pitch-Workshops.
- Durchführung von Pitch-Terminen mit tiefergehenden Vorschlägen zur Umsetzung, Datenaustausch, Zusammenspiel der Systeme, Projektteam, Dauer, etc. des gewünschten Umfangs.
- Auswahl des passenden Dienstleisters anhand von vorab festgelegten Kriterien, z. B. kultureller Fit und regionale Nähe als wichtiges Kriterium.
Sind Dienstleister und benötigte Tools und Systeme ausgewählt, sollte genügend Zeit für den Vertragsabschluss, Verhandlungen und ggf. Vergleiche zwischen Tools eingeplant werden. Dies kann im Einzelfall auch bis zu einigen Monaten in Anspruch nehmen.
Detail-Umsetzung
Sind alle Partner an Board, geht es an die Umsetzung und das Refinement der Anforderungen. Essenziell ist hierfür ein gutes übergreifendes Projektmanagement. Für die Entwicklung der Software ist ein agiles Vorgehen best practice. Vorteil bei einem neuen Produkt: Neue Erkenntnisse zu Timing, Priorität und Erwartungen der Zielgruppe können ohne Projektverzug iterativ mit eingeplant werden.
Letzter Schritt: Vorbereitung des Go-to-Market
Um einen erfolgreichen Launch zu bewerkstelligen, ist eine enge Synchronisierung aller Beteiligten über alle Bereiche hinweg notwendig. Wichtig ist, dass der potenzielle Kunde alle Informationen zum Produkt einfach und verständlich transportiert bekommt. Nicht ausser Acht zu lassen sind zudem Mitarbeiter bzw. Kollegen, die es zu überzeugen gilt, um so Weiterempfehlungen zu generieren. Wie das Wirtschaftsmagazin Forbes feststellte, vertrauen branchenübergreifend “92% aller Konsumenten eher auf Empfehlungen von Freunden, Kollegen oder Familie als auf Markenversprechen”.
Gesteuert werden müssen ausserdem Pressearbeit, Testberichte und Bewertungen. Auch Influencer müssen rechtzeitig an Board geholt werden.
Was, wenn es nicht gut anläuft?
Dann hilft ein Konzept für Shitstorms, das Monitoring und die Beantwortung von (negativem) Feedback in Foren und den sozialen Medien. An der Hotline sollten die Service-Mitarbeiter Kulanzen für unzufriedene Kunden bereithalten und das Troubleshooting für Mängel im Produkt sollte klar vereinbart sein. Nicht zuletzt ist die Kommunikation im Unternehmen und in Richtung der Kunden relevant.
Was, wenn es besser läuft als erwartet?
Zu viel Erfolg kann genauso zu Problemen und enttäuschten Kunden führen. Beispielsweise, wenn die Produktion, der Einkauf oder die Logistik nicht hinterherkommen. Hierfür muss es ebenfalls ein grobes Konzept geben, um im Notfall darauf zurückgreifen zu können.
Der Schweizer E-Commerce-Bereich ist erfolgreich. Es ist aber auch ein sehr dynamisches und wettbewerbsintensives Geschäft, das Händler wie Hersteller zwingt, ihre Leistungen stetig auszubauen und Prozesse noch effizienter zu gestalten. Digitale Auftritte versprechen Wachstum, wenn sie richtig umgesetzt werden.